Neese pleng und Faxen dicke

Wie so oft ist es dasselbe, ob man die Nase voll oder die Neese pleng hat. Darin versteckt sich das französische plein, dem die märkisch-berlinische Endung ng verpaßt wurde. Dafür, daß man nun genug von einem Zustand oder einer Person hat, hört sich "Ick hab die Neese pleng" aber noch ganz munter an. Es klingt nicht so platt wie die Faxen dicke oder den Kanal voll, appetitlich ist das Sprachbild mit der vollen Nase aber auch nicht, dafür typisch. Hier in Berlin sagt man auch Bulljong statt Bouillon für Brühe und natürlich Schangsen (Chancen) und Orangschen. Aber: "Einen Momang!" Wer vor Kummer die Neese pleng hat, gießt sich womöglich einen auf die Lampe. Das hat weder mit Erleuchtung noch mit Lampen zu tun, sondern kommt auch aus dem Französischen. Lamper heißt trinken, und zwar in vollen Zügen, la lamp`e ist der tüchtige Schluck. Im Hinblick auf einen Berliner Likörfabrikanten und einen Augenoptiker wird gereimt: "Sinds die Augen je zu Mampe, jieß dir einen auf de Lampe, kannste allet doppelt sehn, brauchste nich zu Ruhnke jehn."
Der Berliner Mundart müssen wir uns nicht schämen, denn schon Goethe war 1820 beeindruckt: "Das Völkchen besitzt viel Selbstvertrauen, ist mit Witz und Ironie gesegnet und nicht sparsam mit diesen Gaben". Drei Jahre später sagte er in seinen Gesprächen mit Eckermann: "Es lebt aber in Berlin, wie ich an allem merke, ein so verwegener Menschenschlag beisammen, daß man mit der Delikatesse nicht weit reicht, sondern daß man Haare auf den Zähnen haben und mitunter etwas grob sein muß, um sich über Wasser zu halten." An seinen Freund Friedrich Zelter, Leiter der Singakademie, richtete er dann folgende Bitte: "Schreib mir so derb als möglich, denn das kleidet euch Berliner doch immer am besten." Hans Meyer, geborener Berliner und Professor am Gymnasium zum Grauen Kloster, gab schon 1878 eine Sammlung seiner geliebten Stadtsprache heraus "Der richtige Berliner in Wörtern und Redensarten" - lesenswert bis heute.

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