Duelle - der Kampf um die Ehre

Welch' ein Glück für viele Zeitgenossen, daß man angesichts heutiger Untugenden nicht mehr die Maßstäbe alter Ritterlichkeit und der Reinwaschung eines blanken Ehrenschildes anlegt - vermutlich würden sich die Friedhöfe wieder schneller füllen. Rücksichtslos und ungeprüft in der Öfentlichkeit dahingeplapperte Schmähungen und ungeprüfte Behauptungen hätten noch vor 100 Jahren leicht zu einem mitunter tödlichen Duell geführt. Berühmte Mäner fanden dabei den Tod, andere überlebten und rühmten sich Zeit ihres Lebens ihres Mutes und ihrer Reputation wie das Buch von Uwe Schulz "Das Duell - der tödliche Kampf um die Ehre" (Insel-Verlag, Frankfurt a.M.) auf 418 Seiten aufgezeichnet hat.
Manchmal war der Anlaß für einen Waffengang nichtig, wenn eine so umstrittene Persönlichkeit wie Casanova ein hingezischeltes "venezianischer Feigling" hörte. Franciszek Branicki, ein polnischer Graf, warb um die alternde Ballerina Teresa Casacci, in deren Bett aber auch der reisende Italiener sein Vergnügen gefunden hatte. Branicki, Söldneroffizier und Meisterschütze, fühlte eifersüchtig seine Ehre verletzt und begehrte das Duell. Dabei wäre Casanova, der als Graf Jacob Kasanow de Farussi durch Warschaus Boudoirs und Betten tingelte, als nichtadeliger Nachfahre von Schauspielern strenggenommen eines Zweikampfes nicht würdig gewesen. Der bewaffnete Disput setzte immerhin die Ebenbürtigkeit der gehobenen Gesellschaftsschicht voraus, Bauernlümmel, Bergleute und ruppige Seefahrer schlugen sich noch mit bloßer Faust Zähne und Schädel ein.
In der Hasenheide Dieses mittlerweile fünfte Duell Casanovas ging in der Morgenkälte des 5. März 1766 in einem Wäldchen bei Warschau noch halbwegs gut aus: Der Graf überlebte mit einem Bauchschuß, Casanovas linke Hand blieb über Jahre unbeweglich. Casanova verehrte auf dem Krankenbett seinem Widersacher die Kugel, die ihm die Finger zerfetzt hatte, der lud ihn zu einer damals sehr teuren Tasse Chocolade ein. Von der Ballerina sprach keiner mehr.
Doch nicht nur in der Alten Welt spielte das Duell eine Rolle, auch in den USA wurde es cultiviert. Im Juli 1804 traten Aaron Burr als Vicepräsident und Alexander Hamilton als Financeminister, die beiden New Yorker Anwälte hatten zusammen die Chase Manhattan Bank gegründet, nach einer verbalen politischen Plänkelei bewaffnet einandergegenüber. Hamilton, der prophetische Bürgerrechtler, der das Zeug zu einem herausragenden Präsidenten gehabt hätte, wurde ins Rückenmark getroffen und starb zwei Tage später. Die penibel gepflegten Pistolen dieses Duells können noch heute als Reliquien im noblen Foyer der Chase Manhattan Bank bestaunt werden. Man weiß dort eben, was ein moderner Topmanager seinen ehrsamen Firmengründern schuldig ist.
Auch der US-Präsident Andrew Jackson brüstete sich dreier Kugeln in seinem Leib, die bei annähernd hundert Duellen als "souvenirs" steckengeblieben waren.
Heinrich Heine, der sich mit Salomon Strauß schoß - Strauß hatte Heine auf offener Straße verprügelt -, kam halbwegs unbeschädigt davon, weil das Projektil des Nebenbuhlers im September 1841 aus 20 Schritt Distance in seinem Dukatenbeutel steckengeblieben war. Der Spötter Heine: "Gut angelegtes Geld ..."
Alexandre Dumas forderte im Oktober 1834 Monsieur Theodore Gaillardet, weil nicht so recht klar wurde, wer seine Bestseller von wem abgeschrieben haben könte. Ob den beiden ernst mit diesem Kampf auf Leben und Tod gewesen ist, scheint fraglich, denn beide Schüsse pfiffen weit daneben.
Der geniale Alexander Puschkin wurde wegen der Zügellosigkeit seiner Frau Natalja zum tragischen Helden in den russischen Seelen. Der Stürmer und Dränger starb mit 38 Jahren nach dreitägiger Agonie. Er hatte sich wegen einer Liebesaffäre von Natalja mit dem unehelichen Sohn des holländischen Königs am Nachmittag des 27. Januar 1837 nahe dem Schwarzen Fluß bei St. Petersburg duelliert. Es war bitterkalt, als der niederländische Adelige George-Charles d'Anthes den ehrverletzten Dichter und Revolutionär in den Unterleib traf. Der Zar schrieb dem Moribunden: "Sterbe wie ein Christ, um Deine Frau und Deine Kinder mache Dir keine Sorgen, ich werde mich um sie kümmern."
Ferdinand Lassalle, einer der kühnsten und dennoch nüchternsten Vordenker seiner Epoche, fiel einer läppischen partie amoureuse zum Opfer. Hauptbeteiligte war die Diplomatentochter Helene von Dönniges, der das Attribut anhaftete, ein eiskaltes Luder zu sein. In Carouge, einem Vorort von Genf, streckte ihn Ende Juli 1864 Helenes angeblicher Verlobter, ein Rumäne namens Janko von Rackowitz, nieder. Lassalle lag drei Tage sterbend in seinem Hotel Victoria, gepeinigt von glühenden Leibschmerzen, die er mit Morphium und Champagner zu kühlen suchte. Die Dönniges fühlte sich der Leute wegen bemüßigt, den Rumänen zu ehelichen. Dieser starb aber schon fünf Monate später an Tuberkulose. Während die SPD sich lange schwer tat, ihren Genossen zu vermitteln, der bürgerliche Jude Lassalle, der im dekadenten Getue sein Leben opferte, sei dennoch der größte Kopf der proletarischen Arbeiterschaft gewesen (und seinerzeit immerhin der einzige potente theoretische Gegner von Karl Marx), schlug die Madame scandaleuse eine Bühnenlaufbahn ein und nahm sich fast 70jährig in einer Münchener Mansarde das Leben, weil ihr dritter Mann, ein vergreister russischer Revolutionär, sie mit einer Zahlkellnerin aus dem Hofbräuhaus betrog.
Zwischen Adeligen, Offizieren, gehobenem Bürgertum und Studenten kam es in Deutschland allein 1819 zu rund 2000 Duellen mit Säbel und Pistole. Gerade Berlin kam dabei besondere Bedeutung zu: Nirgends sonst gab es so viele Duelle, in keiner anderen Stadt blieb diese Form der Sühnung von Ehrverletzungen so lange im Gebrauch. Um ihr Leben schossen und fochten Otto von Bismarck, Wilhelm von Humboldt und Friedrich Engels. 1856 erwischte es sogar Berlins Polizeipräsidenten Friedrich von Hinckeldey. Der preußische Reformer, Gründer der Berliner Straßenreinigung und der Berufsfeuerwehr, wurde nach einer Razzia im adeligen Jockeyclub der Lüge bezichtigt. Der Geschmähte schrieb König Friedrich Wilhelm IV., daß er sich zum Duell entschlossen habe, fuhr per Kutsche in die Jungfernheide und richtete eine Pistole auf seinen Gegner. Doch der Leutnant von Rochow-Plessen schoß besser. Berlins höchster Polizeibeamter starb, der Schütze bekam ein Jahr ehrenvolle Festungshaft und wurde an~ schließend zum Vicepräsidenten des Herrenhauses gewählt.
Im studentischen Bereich war das Duell in seiner alten Form umstritten, zunehmend mehr wurde es von der Entscheidung eines Ehrengerichtes abhängig gemacht. Säbelduelle traten in den Vordergrund und auch deren Ablauf wurde streng reglementiert. Am 7. Mai 1866 untersagte die Burschenschaft Brandenburgia ihren Mitgliedern bereits die Teilnahme an Duellen, insgesamt blieb das Duell, insbesondere mit dem Säbel noch bis 1935 erhalten.
Außerhalb der Verbindungen fand sogar noch 1937 ein Duell des Journalisten Robert Strunk mit dem Geliebten seiner Ehefrau, dem Reichsjugendführer Baldur von Schirach in Berlin statt. Robert Strunk wurde dabei erschossen. 1943 wollte GFM Hans Günther von Kluge eine Beleidigung mit dem Panzergeneral Heinz Guderian in einem Pistolenduell bereinigen, jedoch wurde dieses von Hitler verhindert. Erst 1969 wurde der Zweikampfparagraph aus dem Strafgesetzbuch gestrichen, dennoch nahmen die Verbindungen in der Bundesrepublik bis heute das Duell nicht wieder auf. In österreich hingegen werden noch Säbelcontrahagen ausgefochten. Nur die alten Vorübungen dazu in der Form der Schlägermensur ohne Contrahageforderung blieben bestehen. Sie festigen heute den persönlichen Mut und fordern vom Einzelnen einen Beweis für sein Eintreten für den Bund und seine Bundesbrüder. Schutzbestimmungen und Schutzkleidung verhindern ernsthafte Verletzungen.

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